schdodODAlaund #02

Grundsätzlich habe ich etwas dagegen, wenn etwas in meinem Leben Klischees erfüllt. Ich habe zum Beispiel etwas dagegen, dass ich schlecht einparken kann. Nicht nur weil es unpraktisch ist, nicht gut einparken zu können – dass es das tatsächlich ist, darüber besteht wohl kein Zweifel – sondern auch, weil ich als Frau damit ein total verblödetes Klischee erfülle und zwar noch dazu eines, das man an jeder Straßenecke zu hören kriegen kann. Das heißt nicht, dass ich Klischees aus Prinzip ablehne – ganz im Gegenteil, sie sind enorm praktisch, um diese komplizierte Welt ein bisschen ordnen und sortieren zu können, wenn auch vielleicht nur in Gedanken! Nur ich selbst will mich halt nicht in diese Schachteln sortieren lassen. Klar, oder? Worauf ich hinaus will: „Alle kommen s‘ zurück, wenn s‘ Kinder haben!“, respektive (weniger spezifisch) „Am Land ist es schon viel schöner für Kinder!“ ist ein Klischee, das ich, seitdem ich (wieder) Land gegen Stadt getauscht habe, schon gefühlte zweitausendsiebenhundertdreiundsechzig Mal gehört habe. Und ich mag es nicht, dass ich auch in diese Schublade hineinpasse! Es gibt nämlich sehr vieles, das mir am Stadtleben mit Kind durchaus gefallen hat. Zum Beispiel das Liliputbahnfahren. Oder echt kinderfreundliche Kaffeehäuser (gibt es übrigens in Vöcklabruck mittlerweile ebenfalls eines). Oder die Tatsache, dass man sich das Kind einfach umschnallen kann, alle Besorgungen ohne Auto und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten, die man dabei mit Klein(st)kind so hat, erledigen kann. Unannehmlichkeiten betreffender Art wären (für all jene, die damit nicht so vertraut sind) zum Beispiel: beim Geschäft 1 parken, Kind raus aus dem Auto, rein ins Einkaufswagerl, einkaufen, danach wieder Kind rein ins Auto, zu Geschäft 2 fahren, Kind raus aus dem Auto, und so weiter, immer weiter. Grenzt an Sport, jetzt weniger vom Entspannungsfaktor als von der Schweißmenge her betrachtet. Aber bitte, in der Zwischenzeit läuft das Kind, ist weitestgehend paktfähig („Wennst jetzt brav bist beim Einkaufen, kriegst nachher a Zuckerl“ und ja: ich hatte mir geschworen, so etwas nie-nie-niemals-nie mit meinem Kind zu machen, scheiß Klischees) und liebt unseren Garten. Der ist einfach wunderbar für ihn. Ja, Kinder und Garten. Mit eigener Sandkiste. Und Scheibtruhe. Und Schaufeln und so. Da ist es am Land schon viel schöner! HA!

Ein Vorteil an meiner Wien-/Salzkammergut-Zerrissenheit, den ich fast immer als Nachteil interpretiere (kommt auf die Laune an) besteht darin, dass auch meine Familie zerrissen ist zwischen Wien und Salzkammergut. Das heißt, ich habe nicht nur die meisten meiner Freunde in Wien, sondern auch einen guten Teil meiner Familie dort sitzen. Das wiederum bedeutet, ich hätte allen Grund (oh, ja!), mal wieder nach Wien zu fahren. Was das betrifft, fühle ich mich ein bisschen wie ein Ex-Raucher, der zum militanten Nichtraucher geworden ist: Wenn ich nur daran denke, nach Wien zu fahren, stellt es mir vor lauter Stress alle Nackenhaare auf. Ich versuche also, Wienbesuche eher zu vermeiden, nicht zuletzt auch ein bisschen aus der Angst, schmerzhaft deutlich zu spüren, was mir in manchen Momenten so sehr fehlt. Was mir fehlt ist (klarerweise wichtigkeitstechnisch weit hinter in Wien befindlichen Freunden und Familie liegend!) unter anderem die Vielfalt in der Stadt. Die Sprachen, die man überall auf der Straße hören kann (auch ein wahres Klischee). Die Vielfalt an kulturellen, politischen, wie-auch-immer-gearteten Einstellungen. Wobei: das Eröffnungsfest im OKH hat mich da ziemlich herausgerissen! Und gezeigt, dass die Randbreite (ein schönes Wort, @Lisa Lehner) vielleicht doch größer ist, als ursprünglich gedacht. Dass nicht beinahe jedeR fragt, warum ich denn „schon arbeiten gehen muss“, als Mutter eines Noch-nicht-Schulkindes. Schon wieder Klischeealarm? Ja, klar! Aber das ist ein Klischee, das ich tatsächlich nicht erwartet hätte: In Wien bin ich schon vor dem ersten Geburtstag meines Kindes gefragt worden, ob ich es denn nicht bald in die Krabbelstube geben würde, damit ich arbeiten gehen könne. Und zwar des Öfteren! In Vöcklabruck kaum angekommen bin ich bemitleidend angesehen worden, wenn ich mich nach Kinderbetreuungseinrichtungen erkundigt habe, dazu die Worte: „Musst du leicht schon arbeiten gehen?“ Und zwar des Öfteren! Für mich ist die Wahrheit irgendwo dazwischen. Und zwar schon immer.

Gestern bin ich übrigens im Garten meiner Großmutter in einen Hühnerdreck gestiegen. Er hatte die Ausmaße eines mittleren Wiener Hundstrümmerls. Und meine Oma hat Zwerghühner! Ich würde sagen, es hat wohl alles seine Vor- und Nachteile.

Huhn

Text von Magdalena Stammler
Illustrationen von Norbert Habring

schdodODAlaund #01

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