Julian Hruza und Dominic Plainer aka Lupo sind zusammen Julian und der Fux. In Wien ist das Duo bekannt wie ein bunter Hund, abseits der Hauptstadt ist das noch ausbaufähig. Aus diesem Grund haben wir letztens bei ihnen im Studio vorbeigeschaut, ein bisschen Musik gehört und über Herrn Hermes, Clubtourismus und eine wichtige rosa Wand geplaudert.
Laudongasse 60, 1080 Wien, „Primitive Studios“. Ein großes Souterrain-Wohnzimmer mit professionellem Studio im hinteren Bereich. Die Headquarters von Jhruza Records. Seit fast zehn Jahren gibt es die Adresse, Julian und Lupo haben sich nach eigenen Projekten Anfang 2012 als musikalisches Duo zusammengefunden. Dann kam „Speckbrot“ und „Altes Ego“, massig Airplay, gutes Feedback, „Mischwald Kapitel Eins“, viele Auftritte, Remixes, Kollaborationen, „Hin und Weg“ und schließlich „Mr. King“. Ein dichtes Programm für zweieinhalb Jahre – wenn es nach den beiden geht, aber noch nicht dicht genug. Immerhin gibt es ja auch beim Label genug zu tun.
Zuerst fällt immer der Eingangsbereich des Studios ins Auge. Eine Theke mit vielen pinken Blumen geschmückt, darüber steht in Stein gemeißelt „Primitive“. Es sieht aus wie die Rezeption eines B&B oder eines Salons und ist fast ein bisschen zu hübsch. Es steht aber eine Kaffeemaschine dort, wo man sonst die Karaffe mit Gurkenwasser erwartet hätte. Irgendwie passt es aber doch, weil man sich Julian und Lupo dann mit den pastellfarbenen, weit offenen Hemden, den Sonnenbrillen und Gelfrisuren aus „Mr. King“ vorstellt. Zum Interview tragen sie aber etwas Unauffälligeres. Schade eigentlich.
Was macht ihr eigentlich?
Lupo: Wir machen Pop-affine elektronische Musik, ein Hybrid-Projekt, weil es zwischen Club und Radio angelegt ist. Julian schreibt alleine die Texte, Musik und Produktion machen wir aber gemeinsam. Live teilen wir uns dann wieder auf.
Wie schreibst du die Texte, Julian?
Lupo: Mit dem Stift.
Julian: Na, nicht mit dem Stift.
Mit dem Kugelschreiber?
Julian: B1. Wie schreibe ich Texte? Am liebsten ohne Hirn. Am besten nichts im Kopf haben. Sobald man zu viel im Kopf hat, wird es schwierig. Jedenfalls entsteht dann etwas draus, dann schaut man irgendwann wieder hin und sieht, was man gemeint hat ohne nachzudenken. Mit einem konkreten Ziel vor Augen oder einem Konzept fehlt oft die Emotion, dann ist es sehr technisch. Man würde es verstehen, aber es ist banal, man hängt sich dann zum Beispiel auf Reimen auf.
Und das funktioniert immer?
Lupo: Das passiert eher, oder?
Julian: Ja. Am liebsten schreibe ich eigentlich verkatert.
Wie war das bei „Mr. King“ zum Beispiel?
Lupo: Da haben wir gewusst, wir müssen etwas machen, dann haben wir gescheit gefeiert, dass wir etwas machen müssen und dann den Text geschrieben.
Julian: Ich zeige dir kurz das Demo-Material. (Video von Julian mit roter Herz-Brille vor einer rosa Wand.) In dem Fall war das Video die Textkorrektur.
Lupo: Das ist eine sehr moderne Art und Weise, Texte zu schreiben.
Julian: Es ist nicht immer ein rosa Hintergrund. Aber in dem Fall war es gut, dass der Hintergrund rosa war.
Warum ist Hermes im Video zu „Mr. King“?
Lupo: Wir haben an und für sich eine perfekte Begleitung für die Dame gesucht.
Julian: Die haben sich dann aber zerstritten, dann hat sie den Hermes kennengelernt und hat ihn gefragt, ob sie das nicht gemeinsam machen wollen. Ohne uns zu sagen, dass der Hermes kommt.
Wirklich? Geh.
Julian: Ich fand es gerade so schön. Wir haben ihn angeschrieben, ob er nicht Lust hätte. Dann hat er uns erzählt, dass er voll auf unsere Musik steht, was wir auch nicht gewusst haben. Das hat uns sehr geehrt.
Ihr habt letztens die „Mr. King EP“ herausgebracht, obwohl erst im März die „Hin und Weg EP“ herauskam. Ihr seid dieses Jahr ziemlich produktiv.
Lupo: Davor war dafür lange nix. „Mr. King“ hätte eigentlich eine Remix-Platte werden sollen und dann haben wir uns entschlossen, dazu noch eine Single vorm Sommer rauszuhauen.
Und wann gibt es dann ein Album?
Lupo: Es ist im Kopf, aber ein Album ist schon sehr viel Arbeit, ein langer Weg. Wir sammeln Material und wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, werden wir dann auch ein Album herausbringen.
Ihr habt noch nichts Konkretes in Planung?
Julian: Wir haben aufgehört, so etwas zu versprechen. Bei „Hin & Weg“ hätten wir auf Biegen und Brechen ein Album herausbringen können, aber es wär nicht stimmig gewesen. So ist es eine stimmige EP geworden.
Euer Sound ist ziemlich unverwechselbar, man erkennt ihn wohl an Julians Gesäusel.
Julian: Gesäusel!
Nachdem das ja doch irgendwie euer Markenzeichen ist – nervt das?
Julian: Ich finde, dass das Markenzeichen nicht nur das Gesäusel ist, mittlerweile hören sich die Produktionen schon nach einem gewissen Sound an und tragen sehr stark Lupos Handschrift. Der Gesang hat sich auch verändert. „Mr. King“ ist schon ganz anders gesungen als „Speckbrot“. Ich habe mich schon verbessert, auch live. Was ich noch hoffe, ist, dass ich irgendwann so ganz hoch singen kann. Ich möchte gerne wie Prince singen. Irgendwann hört sich das Ganze wie Prince an.
Wie sehr seid ihr in der Wiener Elektronikszene drin?
Julian: Wir sind eng verbandelt mit den Schönbrunner Perlen, mit Ken Hayakawa haben wir auch immer wieder Kooperationen. Wir arbeiten sehr gerne miteinander, sowohl von der Label- als auch von der Produktionsarbeit. Da gibt es einen großen Austausch.
Wie geht es der Szene?
Julian: Ich glaub, es tut sich eh viel. Es ist alles sehr klein, Wien ist sehr klein. Ein Verbesserungsvorschlag wäre, dass vielleicht mehr Touristen kommen wegen der Szene.
Lupo: Dass sie nicht alle nur schifahren gehen.
Habt ihr Auftritte in Deutschland?
Lupo: Immer wieder, ja. Ich glaube, dass Berlin und Norddeutschland allgemein diesen Wiener Charme in der Sprache gerne mögen.
Julian: Es kommt immer darauf an, wie das Booking ist und wer die anderen sind. Wenn man nicht dazu passt, dann ist das natürlich immer scheiße
Lupo: Das ist in Österreich dasselbe. Der Unterschied zwischen Österreich und Deutschland ist vielleicht, dass uns dort weniger Leute kennen.
Macht es das besser oder schlechter?
Lupo: Sie singen halt nicht mit.
Was ist an der österreichischen Club-Szene gut und was schlecht?
Lupo: Ich finde, dass da immer zu viel herumgenörgelt wird. Es gibt in jedem Club gute und schlechte Parties. Wie Julian vorhin gesagt hat, wenn man etwas verbessern könnte, dann könnte man alles größer machen. Sperrstunden ändern zum Beispiel. Man könnte die Szene auch ein bisschen mehr zur Verantwortung ziehen, die österreichischen Club-Acts zu supporten.
Wie viel Zeit verbringt ihr hier im Studio und arbeitet?
Julian: Zu wenig. Also, aktiv an unseren Songs. Die meiste Zeit nimmt eigentlich das Promoten unserer Sachen in Anspruch, weil wir ja kein Label haben, sondern selber das Label sind.
Aber das ist euer Brotjob sozusagen?
Julian: Ja. Auch medial übergreifend, von der Grafik bis zur Produktion.
Lupo: Wir haben einige Artists beim Label und dieses Jahr bisher vier Releases gemacht. Zwei von uns halt, die EP von Ken Hayakawa und MOTSA. Es geht schon etwas weiter.
Kommen die auf euch zu?
Lupo: Das ist unterschiedlich. Das meiste geht über Kontakte. Wir kriegen auch Demos zugeschickt, aber nicht in dem Ausmaß, wie es größere Labels bekommen. Daraus ist aber noch sehr wenig entstanden, weil es nicht gepasst hat, aber auch deshalb, weil wir sehr viel auf dem gemeinsamen Arbeiten aufbauen.
Julian: Wir sind nicht so ein Label, das Tracks lizensiert und rausschießt, sondern versuchen immer, längere Wege mit den Leuten zu gehen und mehr Austausch zu haben.
Interview von Nicole Schöndorfer
Fotos: Tiana Wirth
Alle oben genannten Releases sind bereits via Jhruza erschienen.
Links:
Jhruza Records: http://jhruza.com/
Primitive Studios: http://www.primitive.at/
“Mr. King”: http://www.youtube.com/watch?v=N8GMH2wdi5I
“Hin und Weg”: http://www.youtube.com/watch?v=5zDoBb7zdcY
“Altes Ego”: http://www.youtube.com/watch?v=k8e5Y1Q84Vw
„Speckbrot“: http://www.youtube.com/watch?v=Oq7bsE-Scj0